Liegt Michael Porter falsch?

Kann die Strategie der Mitte erfolgreich sein?

Die Anhänger von Michael Porter wissen, dass er einer klaren Unternehmensstrategie die höchste Priorität einräumt. Sein Credo ist, dass es drei Ausgangspositionen für eine Strategieentwicklung gibt: das Unternehmen ist Kostenführer oder es differenziert sich deutlich vom Wettbewerb oder es spezialisiert sich und belegt eine Nische. Laut Porter ist die ungünstigste Position die Mitte. Mit anderen Worten: man kann und soll nicht auf allen Hochzeiten tanzen.

Ganz intuitiv würde man Porter zustimmen, es scheint richtig zu sein, eine klare Positionierung zu haben. Das heißt allerdings nicht, dass alle Unternehmen, die auf eine Kostenführerschaft setzen, grundsätzlich erfolgreich sind. Gleiches gilt natürlich auch für Unternehmen, die ihren Fokus auf Differenzierung oder Segmentierung legen. Und dann gibt es sicherlich auch Unternehmen, die genau auf der Positionierung in der Mitte ihre Erfolge erzielen.

Der derzeitige Kampf der Supermärkte im Land meiner Kollegen ist ein gutes Beispiel für diese Diskussion. Viele Jahre lang waren Sainsbury und Tesco in Großbritannien in der Mitte zu Hause und damit äußerst erfolgreich. Das ging gut bis Aldi, Lidl und Waitrose auf den Plan traten. Dies scheint ein starkes Argument für die Richtigkeit von Porters Paradigma zu sein: Aldi und Lidl sind Gewinner aufgrund ihrer Kostenführerschaft und Waitrose hat die Nase vorn aufgrund seiner Differenzierung.

Aber auch das gibt es: Marks & Spencer mag etwas an Boden verloren haben, ist aber noch immer ungeheuer erfolgreich mit seiner Angebotspalette von Lebensmitteln, Kleidung und hochwertigen Produkten für Haus und Heim. Die Warenhauskette John Lewis macht geltend, dass sie ihres Wissens nach noch nie unterboten wurde und man weder die Position der Kostenführerschaft noch den Premium Bereich der High Street besetzt hält, sondern sich fest in der Mitte verankert fühlt und dabei erfolgreich ist. Wir sollten also die Mitte nicht leichthin als die schlechteste Position abtun.

Was also ist die Antwort, wenn der Erfolg nicht (allein) von der Positionierung abhängt?

Was ein Unternehmen erfolgreich macht ist nicht so sehr die Positionierung innerhalb einer ökonomischen Struktur an sich; was ein Unternehmen zum Erfolg führt ist vielmehr wie gut es ist in dem was es tut. Etwas „O.K.“ zu machen reicht dabei nicht aus, es braucht schon eine gewisse Besessenheit. Oder nennen wir es Begeisterung. Ein Unternehmen kann in der Mitte oder an jeder der Ecken erfolgreich sein, wenn es

  • besessen ist von Qualität. Dabei ist es gleichgültig ob das Produkt im Niedrig-, Mittel- oder Hochpreis Segment angesiedelt ist. Es muss den Qualitätserwartungen der jeweiligen Kunden entsprechen – und zwar richtig.
  • begeistert ist von Kundenservice. Der wichtigste Treiber für Kundentreue ist Top-Service, siehe John Lewis.
  • besessen davon ist, seine Kunden zu verstehen. Denn Kunden haben wechselnde Bedürfnisse und Lieferanten müssen darauf eingehen.
  • besessen ist vom internen Kostenmanagement, denn das gleitet schnell aus den Händen.

Diese vier Faktoren sind die Pfeiler des Erfolgs. Und noch etwas ist wichtig: die „Besessenheit“ muss jahraus jahrein Bestand haben. Jede Unternehmensentscheidung muss mit einem Blick auf das langfristige Ergebnis getroffen werden. Zusammengefasst: die Besessenheit, wirklich gut sein zu wollen scheint noch wichtiger zu sein, als die Positionierung irgendwo in einer Marktstruktur. Sorry Professor Porter.

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