Kein Unternehmen verfügt über die Ressourcen, um wirklich jeden potentiellen Zielmarkt oder Zielkunden zu bearbeiten. Eine sorgfältige Kundensegmentierung ist ausschlaggebend für die Entscheidung über die „Marschrichtung“ und den effektiven Einsatz der Ressourcen. In den angloamerikanischen Ländern nutzt etwa die Hälfte aller B2B-Unternehmen die Kundensegmentierung zur Steuerung ihrer Marketingaktivitäten. In Deutschland liegt die Zahl mit ca. 19 % noch deutlich darunter (Quelle: B2B International Marketing Survey 2014).

Segmentierung – Bis Du mein Typ?

Segmentierung

Jede(r) von uns ist einzigartig. Wir wollen als Individuen behandelt werden und das mit Recht. Es verärgert uns sehr, wenn ein Anbieter oder Verkäufer unsere Individualität nicht wahrnimmt und „an uns vorbei berät“. Im B2B-Umfeld ist das nicht anders. Allerdings kann man sich vorstellen, wie schwierig es für ein Unternehmen ist, mit vorhandenen Ressourcen eine individuelle Betreuung und Behandlung jedes einzelnen Kunden zu organisieren.

Als Segmentierung bezeichnet man den Prozess mit dem die wesentlichen Gemeinsamkeiten (oder: gemeinsamen Bedürfnisse) unterschiedlicher Kundengruppen identifiziert werden. Dies bietet die Möglichkeit einer „gebündelten“ Kundenansprache, die dennoch als relativ „individuell“ wahrgenommen wird, da sie auf zentrale Bedürfnisse abhebt. Segmentierung ist daher der Schlüssel für eine erfolgreiche Marketingstrategie.

Es gibt verschiedene Herangehensweisen an eine Kundensegmentierung. Privatpersonen können aufgrund von demografischen Merkmalen zusammengefasst werden: Geschlecht, Alter, Einkommen, Wohnort, oder die Anzahl Kinder sind Kriterien, nach denen Zielgruppen eingeordnet werden. In Marketing und Marktforschung ist es schon lange Usus, Konsumenten auch nach Einstellungen, Motiven, Verfassungen oder Verhalten zu segmentieren. „Schnäppchenjäger“ oder „Premium Shopper“ sind Beispiele aus verhaltensbasierten Segmentierungen. „Bewahrer“ oder „Aufbrecher“ deuten auf entsprechende Verfassungen hin: die Sekttrinkerin möchte „aufbrechen“, etwas Neues beginnen – der Rotweintrinker möchte „bewahren“, zur Ruhe kommen.

Eine ähnliche Herangehensweise ist auch auf Geschäftskunden anwendbar. Die demografischen Charakteristika von Unternehmen (wir verwenden im B2B hierfür den Begriff „Firmographics“) können die Unternehmensgröße, die Branche, der Standort oder die Unternehmensform (Firma) sein. Diese „firmographischen“ Überlegungen sind wichtig, da die Merkmale und Unterschiede leicht erkennbar sind und bereits einen ersten Indikator für individuelle Bedürfnisse darstellen.

Einen weiteren Hinweis auf die möglichen Bedürfnisse der Kunden erhält man über die verhaltensbasierte Segmentierung. Kunden, die häufig ihre Zulieferer oder Dienstleister wechseln oder mit mehreren Lieferanten parallel arbeiten und in unregelmäßigen Intervallen kaufen, können durchaus Bedürfnisse haben, die genau dieses Verhalten auslösen. Allen Ansätzen liegt das Bemühen zu Grunde, die unterschiedlichen Bedürfnisse unserer Kunden zu erkennen und als Folge davon unsere Produkte und Dienstleistungen an diesen Bedürfnissen auszurichten und die Kunden zufriedener zu machen.

Marktforscher verfügen über eine Bandbreite an Fragestellungen, die sie zur Segmentierung von Bestandskunden und von potentiellen Kunden einsetzen. Einer Segmentierung muss aber nicht zwingend eine Marktforschung zugrunde liegen. Unternehmen können zu einer Kundensegmentierung auch auf Basis von a priori Wissen gelangen. Kunden werden dabei nach den unternehmens-internen Meinungen bezüglich ihrer Bedürfnisse zugeordnet. Häufig beruhen Segmentierungen auch auf einer Kombination aus Marktforschung und hausinterner Einschätzung.

Welcher Ansatz auch gewählt wird, die gefundenen Segmente sollte in jedem Fall entsprechend der folgenden Kriterien beurteilt werden:

  • Jedes Segment muss von aussagekräftiger Größe sein: Ein Segment muss so groß sein, dass es „eine Rolle spielt“ und wert ist, individuell bearbeitet zu werden. Im B2B wird eine Zahl von maximal 5 bis 6 Segmenten als sinnvoll angesehen. Bedenken Sie: jedes Segment benötigt neben einem eigenen Marketingplan auch ein separates Marketingbudget.
  • Die Segmente müssen unverwechselbar und wiedererkennbar sein: Je klarer das Profil der Kunden eines Segmentes umrissen und beschrieben wird, desto besser und zielgerichteter wird die Ansprache sein.
  • Die Segmente müssen belastbar und von Dauer sein: Segmentierungsstrategien benötigen einige Jahre, um nachhaltige Wirkung zu erzielen. Kurzfristige „Modeerscheinungen“ sollten erkannt und nicht in eine nachhaltige Segmentierungsstrategie Eingang finden.
  • Die Segmentierung muss praxisnah und umsetzbar sein: Die wohl wichtigste Anforderung an jede Segmentierung ist die Umsetzbarkeit in der täglichen Praxis. Nicht nur Marketing muss in der Lage sein, für die identifizierten Segmente Vermarktungspläne zu erstellen. Auch der Vertrieb muss den Nutzen erkennen und in der Verkaufspraxis anwenden können.

Die Anwendung einer Segmentierung beim Erstellen der Marketingstrategie stellt sicher, dass nicht alle Kunden mit der „Gießkanne“ bearbeitet werden. Dabei würde sicherlich der größere Teil Ihres Kundenuniversums sich nicht gut angesprochen oder unverstanden fühlen. Die „one-size-fits-all“ gibt es im b2b so wenig wie in der Konsumgüterbranche. Eine auf Bedürfnisse ausgerichtete Segmentierung erhöht die Chance, dass Sie deutlich mehr Kunden in Ihren Bedürfnissen verstehen und dadurch „richtig“ ansprechen und betreuen. Sie können sicher sein, dass Ihnen dies einen Wettbewerbsvorteil beschert.

Umgekehrt hilft eine Segmentierung auch dabei, Kundengruppen zu identifizieren, die man ggfs. aus der (aktiven) Betreuung ausschließen kann. Sei es, weil das Unternehmen bei diesen Kunden keinen Wettbewerbsvorteil genießt oder weil die Bedürfnisse dieses Kunden nicht mit Ihrem Angebot korrelieren.

Segmentierung – Bis Du mein Typ?

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in nachfolgenden Publikationen (öffnet ein neues Fenster):

Market Segmentation in B2B MarketsA Practical Guide To Segmentation