Ein Meteorologie-Professor überraschte seine Studenten mit folgender Behauptung: „Die Wahrscheinlichkeit, dass das Wetter morgen genauso ist wie heute liegt bei 80%“. Sein Statement basierte auf der Erkenntnis, dass Windstärke, Regen und Sonnenscheindauer in der Vergangenheit ein guter Indikator für das zukünftige Wetter sind. Das Beispiel mag hinken, aber es gibt hier eine Analogie zum Verhalten von Menschen und Märkten. In der Marktforschung kann diese Erkenntnis genutzt werden, um aus dem Einkaufsverhalten in der Vergangenheit das Verhalten in der Zukunft vorherzusagen. In der Konsumentenmarktforschung wird dies angewandt, um zum Beispiel die Folgen einer Preiserhöhung auf den Produktabsatz vorherzusagen. Dazu bedarf es verhaltensbasierter Methoden und großer Stichproben, es geht darum zu beobachten anstatt zu befragen.
Dennoch werden in der Marktforschung immer noch häufig Kunden nach ihren Absichten und Ansichten zum Kaufverhalten befragt. „Wie wahrscheinlich würden Sie …. kaufen?“, „Werden Ihre Einkäufe ansteigen, abnehmen oder gleich bleiben?“, „Werden Sie Ihren Bedarf bei den nächsten Einkäufen auf verschiedene Lieferanten aufteilen?“. Mit solchen hypothetischen Fragen befinden wir uns auf dünnem Eis. Menschen sind sich kaum der Gründe für ihre Einkaufsentscheidungen bewusst, können also gar nicht rational darauf antworten. Auch können sie ihre Meinung ändern. Oder sie möchten mit ihren Antworten den Interviewer beeindrucken, täuschen oder einfach nur ihre eigene Ahnungslosigkeit überdecken.
Das heißt nun nicht, dass wir Studienteilnehmer nicht mehr nach ihren Absichten und Meinungen fragen sollten, das wäre ganz sicher eine verpasste Gelegenheit. Darüber hinaus haben wir in der B2B-Marktforschung oft keine andere Möglichkeit, da uns ausreichende Stichproben fehlen, um ausreichend Daten für Simulationen zu sammeln.
Dennoch sollten wir zusätzlich zur Befragung auch andere Möglichkeiten in Betracht ziehen, um Kaufverhalten und Absatzentwicklung vorherzusagen.
Eine zuverlässige Wettervorhersage beruht auf einer Unzahl von Daten und Beobachtungen. Dieses Prinzip sollten wir uns auch in der B2B-Marktforschung zu Eigen machen.
Folgende vier Verhaltensformen können wir mit mehr als einer Befragung simulieren oder vorausberechnen:
- Preiselastizität: Nicht jeder B2B-Marketer kennt die Nachfrage-Elastizität seiner Produkte und den Effekt, den Preiserhöhungen oder -senkungen auf den Absatz haben werden. Dabei ist es auch im B2B möglich, verlässliche Daten zu diesem Thema zu sammeln. Sie können zum Beispiel die Verkaufszahlen in den Monaten nach einer Preisveränderung gewissenhaft protokollieren. Daneben sollten Absatzdaten der Wettbewerbsprodukte in der gleichen Periode (sofern Sie Zugriff auf entsprechende Daten erhalten) und der Inflationsindex in der Datei erfasst werden. Im Laufe der Zeit können Sie eine Datenbank aufbauen, die Ihnen Einsichten in die Effekte von Preisveränderungen liefert.
- Akzeptanz neuer Produkte: Wenn neue Produkte in den Markt gebracht werden, sollte systematisch erfasst werden: welche Art von Unternehmen als erste kaufen, zu welchem Preis, an welchem Standort, usw.
- Kundentreue: Ein Einblick in die Loyalität von Kunden bieten systematische Aufzeichnungen von Unternehmen, die zu einem anderen Lieferanten wechseln und den Ereignissen, die dazu geführt haben. In diese Datenbank gehören auch die Wettbewerber, bei denen sie nun kaufen, welche Lieferbedingungen sie dort erhalten, falls bekannt Einkaufspreise, Besuchsfrequenzen des Außendienstes und ähnliche Details.
- Promotioneffizienz: Auflistungen aller Promotions (wann, wo), die damit einher gehenden Kosten, Effekte auf die Absatzzahlen, Wettbewerber-Promotions im usw.
In allen Fällen geht es darum, den Markt systematisch zu beobachten, Daten über das Kundenverhalten zu sammeln und diese in ihrem Kontext zu analysieren. Zusammen mit Daten aus Kundenbefragungen entsteht ein Gesamtbild, das valide Basisinformationen für Ihre Businesspläne liefert.