Die IIeX (Insight & Innovation Exchange) in Amsterdam bot wieder einmal Gelegenheit zu hören, was die internationale Marktforschungsindustrie bewegt. In vielen interessanten Talkrunden während des 2-tägigen Events zeigte sich, wo die Reise hingeht und auf welche wesentlichen Veränderungen wir uns vermutlich einstellen müssen. Nach unserer Beobachtung stachen folgende Themen rund um die internationale Marktforschung dabei heraus:
- Go Mobile Or Go Home: ein Befragungs-Design, das auch für mobile Endgeräte ausgelegt ist, ist nicht länger eine „nice to have“-Option für Online Studien. Wenn die Studie nicht so programmiert ist, dass sie auch mobil beantwortet werden kann bzw. mobile Nutzer auch aktiv zur Teilnahme motiviert, beeinträchtigt dies die Datenqualität. Die Umfrage des 21. Jahrhunderts ist auf dem mobilen Endgerät einfach auszufüllen und beinhaltet die Option von Audio- und Video-Aufnahmen.
- Implicit is The New Black: implizite Messverfahren sind ein wichtiges Element der internationalen Marktforschung. Wissen wir doch, dass bei expliziten Verfahren die soziale Erwünschtheit oder herrschende soziale Normen eine (zu) große Rolle spielen. Die Wahrnehmung einer Marke oder Kaufentscheidungsprozesse sind Forschungsgegenstände, die implizite Verfahren erfordern.
- Context: es ist nicht ausreichend, bei der Analyse einer Studie nur auf die Antworten zu schauen. Der Kontext, in dem die Antworten gegeben wurden (persönliche Erfahrungen, Umwelteinflüsse, aktuelle Verfassung des Teilnehmers u. v. a. m.) ist nicht minder wichtig. Zwar führt dies zunächst zu einer Ausweitung der Datenmenge und der Komplexität der Analyse – ist aber unverzichtbar für die Einordnung der Ergebnisse. Studien sollten so gestaltet werden, dass Kontext mit erhoben wird oder erkannt werden kann. Sowohl die Psychologie, als auch die Technologie spielen hierbei eine Rolle.
- Consultancy Or Bust: Teile des Marktforschungsangebotes werden immer austauschbarer; Datenerhebung, Scripting, Charting und sogar die Generierung von Basis-Insights wird mehr und mehr automatisiert. Auch die Marktforschung ist in die Commodity-Falle geraten. Es wird erwartet, dass Erträge einzelner Institute wachsen – allerdings auf Kosten einer beträchtlichen Anzahl von Arbeitsplätzen. Um mithalten zu können, wird immer mehr auf Automatisierung gesetzt. Die andere Seite der Medaille liegt in der Beratung – sie muss wesentlicher Teil der Aufgabe werden, sei es auf der Seite des betrieblichen Marktforschers oder auf Seiten des Instituts.
Es wird deutlich, dass die rasante Weiterentwicklung von Technologie, Psychologie und Neurowissenschaften im Rahmen der internationalen Marktforschung unsere Industrie in eine neue, aufregende Zeit geführt hat. Neue Tools und Methoden eröffnen uns den Zugang zu mehr Informationen, als jemals zuvor. Dieses Mehr erfordert zugleich ein deutliches Mehr an Verantwortung und Ethik. Die Herausforderung ist es, diese Welle zu reiten und die Chancen, die sich durch den Fortschritt bieten, positiv zu nutzen.