Schnellstmöglich auf Kundenwünsche reagieren: ist das noch aktuell?

Schnellstmöglich auf Kundenwünsche reagieren: ist das noch aktuell?

„Responsiveness“ – also das Antwortverhalten eines Unternehmens, seine Reaktionsfähigkeit, seine Reagibilität – galt bisher als fundamentales Kundenbedürfnis und damit auch als wichtiges Differenzierungsmerkmal für B2B Unternehmen. Im Laufe der letzten drei Jahre hat diese Eigenschaft aber offenbar an Bedeutung verloren. Zumindest sieht es in vielen unserer B2B Studien so aus. Weder wird es Top-of-Mind als Lieferanteneigenschaft genannt, noch ist es erkennbar ein Treiber für Kundenzufriedenheit.

Dies ist umso mehr verwunderlich, wenn wir die Kundenwünsche einzeln abfragen. Schnelle (ach was: schnellste!) Lieferzeiten, umgehendes Feedback, ja, fast schon „Echtzeit“-Feedback wenn es um Reklamationen oder technische Anfragen geht – egal ob per E-Mail, telefonisch oder in einem persönlichen Blitzbesuch – B2B Kunden wollen auf alles sofort eine Antwort.

Was geht da eigentlich vor sich? Was hat die alte Forderung nach schneller, höher und weiter verdrängt? Sind die Einkäufer anspruchsloser geworden?

Die Auswertung vieler B2B International Studien der letzten Monate geben eine deutliche Antwort auf diese Frage: B2B Einkäufer sind heute weitaus anspruchsvoller als jemals zuvor! Wir sind im „Post-Responsiveness-Zeitalter“ angekommen.

Ob Ihr Unternehmen Stahl liefert oder Konstruktionsteile, Marketingdienstleistungen oder Akkreditierungen: der Kunde erwartet jetzt, dass man die Antworten schon hat, bevor ihm die Frage dazu einfällt oder er seine Wünsche überhaupt artikuliert.

Waren wir vorher angehalten, Probleme zu lösen, müssen wir jetzt regelmäßig kontrollieren und Zwischenfälle vermeiden bevor sie entstehen.

Wo wir früher Anfragen nach dem Liefertermin zügig beantworten mussten, heißt es heute, dem Kunden ein Update zu liefern bevor er danach fragt.

Wir müssen unter Beweis stellen, dass wir ständig den zukünftigen Geschäftserfolg unseres Kunden im Blick haben und dass wir diese Zukunft mit ihm teilen wollen.

Es wird erwartet, dass wir uns vom zuverlässigen Lieferanten zum strategischen Partner entwickeln, dass wir uns von „Responsiveness“ zu „Proactivity“ hin verändern, vom Diener zum Berater auf Augenhöhe.

Auch wenn dies zunächst ein wenig Unbehagen auslöst – es ist eine Riesen-Chance für alle, die Lösungen verkaufen wollen. Das erfordert nun mal Proaktivität: wir müssen lernen die Herausforderungen und Sorgen unserer Kunden zu antizipieren, bevor sie selbst sie erkennen. Dazu gehört auch, die Kunden zu fordern. Eine Anfrage kann durchaus kritisch hinterfragt werden, vorhandenes (eingefahrenes) Wissen kann auf den Prüfstand gestellt werden und es ist auch erlaubt, zu provozieren, indem man einmal nachfragt, ob der Kunde wirklich wieder das gleiche möchte, was er immer schon hatte.

Der Kundenwunsch nach Proaktivität kann für den Hersteller bedeuten, sich intensiver als zuvor mit dem Produktionsprozess beim Kunden auseinanderzusetzen oder noch enger als zuvor mit der F&E des Kunden zusammenzuarbeiten oder noch besser als bisher die langfristige Strategie des Kunden zu kennen und zu verinnerlichen.

Über „Responsiveness“ hinauszugehen heißt Dinge zu tun, die man früher in einer Kunden-Lieferanten-Beziehung nicht für möglich gehalten hat. Willkommen im Zeitalter der Proaktivität.

 
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