Was haben Leonardo da Vinci, Aldous Huxley und Stephen Hawking gemeinsam? Nun, Marktforscher waren sie nicht. „Futurologe“ passt da schon besser: das Gebiet, das diese drei Forscher gemeinsam haben ist die Zukunft.
Leonardo da Vincis Erfindungsreichtum sagte das Fliegen bis hin zur Entwicklung des Helikopters voraus. Aldous Huxley gab uns in Brave New World nur zu deutlich eine Vorstellung der Veränderungen im sozialen Miteinander und Stephen Hawking lässt uns seit geraumer Zeit über künstliche Intelligenz und die Herausforderungen und Möglichkeiten, die durch Roboter entstehen, nachdenken.
Eines unserer Arbeitsfelder als Marktforscher ist die Untersuchung der Chancen von Neuproduktentwicklungen. Aber wie weit sollen wir für unsere Kunden in die Zukunft schauen? Oder anders gefragt: wie weit können wir in die Zukunft schauen?
Viele Unternehmen haben einen recht kurzen Zeithorizont im Auge, wenn sie neue Produkte auf den Markt bringen. Der Markterfolg sollte sich möglichst rasch einstellen. Nicht selten wird in einem Rahmen von 12 Monaten oder weniger gedacht.
Das stellt uns mitunter vor Probleme. Ein neues Produkt startet – von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen – doch eher langsam in den Markt. Eine Line Extension oder ein paar kosmetische Veränderungen können auch kurzfristig Erfolge verbuchen.
Bei wirklich neu entwickelten Produkten ist die Zeitschiene aber deutlich länger. In vielen Produktkategorien gibt es Regulierungen, Testverfahren und Genehmigungen, die einzuholen sind. Und auch wenn das Neuprodukt in Folge guter Marktforschung genau auf ein Kundenbedürfnis zugeschnitten ist braucht es Zeit, bis der Markt es aufgenommen hat. Von Everett Rogers („Diffusion of Innovations“) haben wir gelernt, dass sich die Bevölkerung in zwei Gruppen teilt: die Wegbereiter an dem einen Ende des Spektrums und die Mitläufer und Nachzügler am anderen. Es braucht Zeit und Geld, aus der frühen Mehrheit („early majority“) und der späten Mehrheit („late majority“) eine Massenbewegung zu machen, die sogenannten Kohorten. Von der Entwicklung bis zur Kommerzialisierung eines neuen Produktes kann es Jahre und nicht nur ein paar Monate dauern.
Die nachstehende Grafik zeigt, dass einige Produkte – von Chemikalien bis zu Bauteilen von Maschinen – zwischen fünf und sieben Jahre von der Erfindung bis zur Marktreife benötigen.
Hier zusammengefasst einige Punkte, die bei der Entwicklung einer Neuproduktstrategie wichtig sind:
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• Holen Sie sich die Unterstützung der Führungsebene – das hört sich immer nach einem „banalen“ Hinweis an, ist aber wichtig, insbesondere wenn später Änderungen und Anpassungen genehmigt werden müssen
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• Kennen Sie Ihren Zeithorizont – soll das Neuprodukt kurzfristigen Erfolg bringen, mittelfristig wirken oder langfristig zum Geschäft beitragen? Hierbei sind jeweils unterschiedliche Vermarktungsansätze einzusetzen.
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• Provozieren Sie und lösen Sie Unruhe aus – wenn alles rund läuft ist das nicht immer leicht, aber das ist meist genau der richtige Zeitpunkt um mit Veränderungen zu beginnen
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• Stellen Sie sich ein multidisziplinäres Team zusammen, damit verschiedene Standpunkte vertreten sind und einfließen können
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• Beziehen Sie auch radikale Denker mit ein – es ist wichtig, Ihre Annahme immer wieder zu hinterfragen
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• Testen Sie Ihre Ideen im Markt
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• Hören Sie insbesondere auf die Stimmen, die angesichts des neuen Produktes sagen: „Na und?“. Wenn Ihr neues Produkt keinen Nutzen, zumindest für eine bestimmte Zielgruppe, liefert, wird es schwierig, es im Markt zu etablieren. Idealerweise sollte es nicht nur den gleichen Nutzen wie ein bereits im Markt befindliches Produktes bieten, sondern in wenigstens einer Dimension einen Zusatznutzen. Sonst kann man ja auch beim Original bleiben.
Sie merken schon, eine wichtige Voraussetzung, um erfolgreiche neue Produkte zu entwickeln ist es, die Bedürfnisse und Wünsche der Zielgruppe genau zu verstehen. Diese dann konsequent und kompromisslos zu berücksichtigen ist die beste Versicherung gegen mögliche Flops.