Fake News und die Suche nach Wahrheit in der Marktforschung

 

Was haben der Beruf des Marktforschers und der des Journalisten gemeinsam? Beide sind Profis im Aufspüren von Fakten. Beide verfolgen keinerlei persönliche Interessen, das Bestreben gilt jeweils ausschließlich der Suche nach der Wahrheit.

Nun ist das mit der Wahrheit so eine Sache. Fake News kursieren durch die Medien. Es ist kein wirklich neues Phänomen. Bereits in den 50er Jahren bewiesen Wissenschaftler den eindeutigen Zusammenhang zwischen Rauchen und der Wahrscheinlichkeit einer Krebserkrankung. Der Zigarettenindustrie gelang es über viele Jahre diese Fakten in Zweifel zu ziehen. Sie lancierte andere, für ihre Zwecke geeignete Fakten in Form von PR Artikeln, die den Zusammenhang in Frage stellten oder in einem anderen Licht erscheinen ließen.

Ähnlichen Phänomen begegnet man auch in Präsentationen beim Kunden. Man stellt die Ergebnisse einer Studie vor und dann melden sich die Ungläubigen unter den Zuhörern. Dieser Unglaube kann 2 Ursachen haben: die Ergebnisse „passen nicht so in die Planung“ oder „die Ergebnisse machen Angst“. Sogleich beginnt die Arbeit an der Aushöhlung der Fakten.

Als erstes wird die Frage nach der Datenintegrität gestellt. „Die Stichprobe war zu klein“ oder „es wurden die falschen Personen interviewt“ sind geläufige Kommentare. Als Marktforscher muss man hier seinen „Mann“ stehen, standhaft bleiben, auf die Solidität der Stichprobe und die Robustheit der Ergebnisse verweisen.

Im zweiten Angriff werden eigene Fakten kommuniziert. Es ist immer schwer zu sagen, ob diese alternative Fakten, fake facts oder valide Fakten sind. Drittens schließlich gibt es die Anekdotenerzähler. Sie erzählen eine (einzige) Anekdote, die den faktischen Ergebnissen der Studie widerspricht. Es ist immer wieder verblüffend zu erleben, wie eine gut erzählte Anekdote das Ergebnis aus Hunderten von Interviews ins Wanken bringen kann. Einfache Geschichten sind leicht zu verstehen, vielleicht sind sie sogar noch zum Schmunzeln (sympathisch!) – Daten sind langweilig und trocken. Dieses Beispiel sollte uns daran erinnern, die Ergebnisse in Form einer einfachen Geschichte zu erzählen und nicht als Aneinanderreihung von Säulendiagrammen.

Und schließlich steht zwischen jeder Person und den Fakten die persönliche Wahrnehmung. Jeder betrachtet die Daten durch seine Brille. Zwei Personen können beim Blick auf die gleiche Datenlage zu unterschiedlichen Schlüssen kommen – aufgrund der jeweiligen Art der Voreingenommenheit. Aus diesem Grund ist es immer hilfreich zu wissen, aus welcher Abteilung die Personen kommen, die an der Präsentation teilnehmen. Der Vertrieb hat einen anderen Blick auf die Daten als das Marketing und dies gilt es bei der Diskussion zu berücksichtigen. Der Marktforscher kann ansonsten nur hoffen, dass die stärkste Befangenheit aufgrund von Vorurteilen nicht gerade aus der Ecke kommt, in der der Chef sitzt.

Das Bild, das dieser Text vermittelt ist ein wenig deprimierend. Wir befinden uns in einer Ära des Zweifels und der Skepsis und leider ermutigt das die Faktenhasser. Fakten können sich leider nicht selbst verteidigen; sie benötigen einen Meister, der sie zum Leben erweckt und ihnen Glaubwürdigkeit mit auf den Weg gibt. Das ist unsere Aufgabe. An dieser Stelle möchten wir noch einmal an Hans Rosling erinnern, der leider letzten Monat verstorben ist (vor ein paar Tagen haben wir bereits einen Text über ihn gepostet). Er war ein solcher Meister und wir sollten ihn uns zum Vorbild nehmen.

 
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