Beziehungsprobleme in der Baubranche

Wie Marktforschung es schaffen kann die Beziehung zwischen Architekten und Baustoffherstellern zu stärken

Ein Interview mit John Crosby, Managing Director und Verantwortlicher für Unternehmenspartnerschaften am American Institute of Architects. Obwohl der selbsternannte „Daten-Geek“ John Crosby ursprünglich nicht aus der Marktforschung stammt, ist er ein starker Befürworter unserer Disziplin. Er propagiert die Marktforschung, um Beziehungen zwischen verschiedenen Stakeholdern zu verbessern. John ist Managing Director am American Institute of Architects (AIA), dem führenden amerikanischen Berufsverband für Architekten mit über 90 000 eingetragenen Mitgliedern. Derzeit leitet er die Abteilung, die sich darum bemüht die Beziehung zwischen Architekten – meist Entscheidungsträger im Einkauf von Baumaterialen – und Baustoffherstellern zu stärken.

Untersuchung einer schwierigen Beziehung

In vielerlei Hinsicht war die Beziehung zwischen Architekten und Baustoffherstellern bisher eher angespannt: „Wir wussten bislang nicht viel über die Beziehung zwischen Architekten und Baustoffherstellern. Unser Verdacht war, dass Architekten generell wenig Mehrwert in der Beziehung sehen. Baustoffherstellern fällt es anscheinend leicht Bindungen zu allen möglichen Abnehmern, seien es Auftraggeber, Bauherren oder Immobilienentwickler, aufzubauen und zu pflegen. Bei Architekten tun sie sich jedoch schwer.“ Dem AIA war daran gelegen die Beziehung der beiden Parteien zu verbessern. Architekten bestimmen die Zukunft der Baubranche maßgeblich, haben direkten Einfluss auf den Baustoffabsatz und beeinflussen zukünftige Trends in einem frühen Stadium. Um ihre Bauvorhaben verwirklichen zu können, sind sie jedoch auch auf die Entwicklungen der Baustoffbranche angewiesen. Daher ist der Dialog für beide Seiten unerlässlich: „Als ich in meiner Position anfing und die Geschichten hörte, hatte ich die Vorahnung, dass in ihnen vielleicht doch mehr Wahrheit steckte als vorher angenommen. Es stellte sich als echtes Problem heraus, das es zu lösen galt. Wir vermuteten, dass die Gründe eventuell etwas mit branchenüblichen Vorgängen oder kulturellen Unterschieden zwischen Architekten und Bauunternehmen zu tun hatten. Die dringende Notwendigkeit der Zusammenarbeit wurde darüber hinaus immer deutlicher.“ John stellte fest, dass man im eigenen Verband  über den Entscheidungsprozess von Architekten praktisch nichts wusste.

Entwicklung  der Studie

Nachdem John die Notwendigkeit erkannt hatte Baustoffhersteller und Architekten stärker zu verbinden, wandte er sich an B2B International. In einer ad-hoc Studie sollte ermittelt werden, wie der Entscheidungsprozess eines Architekten bei der Wahl eines Baustoffes aussieht, welche Faktoren die Entscheidung beeinflussen und wie Architekten mit Baustoffherstellern interagieren. Die Studie wurde Ende 2016 unter dem Namen „The Architect’s Journey to Specification“ veröffentlicht. Sie erregte großes Aufsehen in der Baubranche und viele Stakeholder konnten bisher von den Ergebnissen profitieren: „Die Studie wurde von unseren Partnern als wirklich bahnbrechend empfunden. Und nicht nur das – auch die Wahrnehmung des AIA in der Industrie hat sich verbessert. Wir werden nun nicht mehr als Verband angesehen, der nur die Interessen der Architektengemeinschaft vertritt, sondern als Organisation, die alle Branchenmitglieder berücksichtigt. In gewisser Weise haben wir uns dadurch auch selbst neu definiert.“ „Darüber hinaus haben einige Architekten angefangen Baustoffhersteller mehr als Partner wahrzunehmen. Wir wissen nun, dass Baustoffhersteller die Beziehung zu Architekten wertschätzen. Wir haben auch herausgefunden, dass es bereits erste enge Partnerschaften zwischen beiden Gruppen gibt.“ Architekten profitieren, da einige Baustoffhersteller ihr Angebot bereits besser auf sie abstimmen angeregt durch die Initiative des AIA. Zusätzlich plant das AIA ein „AIA Center for Practice“ im Jahr 2018 zu eröffnen, das aktuelle Branchen-Insight für leitende Architekten und Schulungen zu optimalen Vorgehensweisen anbieten wird.

Was Verbände lernen können

In Anbetracht der positiven Auswirkungen, die die Initiative mit sich brachte, weist John darauf hin, dass auch Verbände anderer Branchen von einer Verbesserung der Beziehung ihrer unterschiedlichen Mitglieder profitieren könnten:  „Es gibt viel viele Verbände, die einfach noch nicht gelernt haben, dass die Marktforschung ihren Mitgliedern und ihrer Branche einen gehörigen Mehrwert liefern kann. Das ist jedoch nicht das einzige Problem – ich glaube, es gibt viele Organisationen, die sich dieses Mehrwerts bewusst sind, jedoch einfach nicht wissen, wie sie das Ganze angehen sollen oder nicht bereit sind, die nötigen Ressourcen bereitzustellen. Meiner Meinung nach ist dies das größte Versäumnis – den Bedarf zu erkennen, und nicht bereit zu sein genügend dafür zu investieren.“

 
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