Work-Life-Collaboration statt Work-Life-Balance

von Simi Dhawan

An jedem Werktag verbringt ein Vollzeitbeschäftigter durchschnittliche 50% seiner Zeit bei der Arbeit. Das ist die Hälfte der wöchentlichen Lebenszeit, die wir in unseren Beruf stecken, anstatt sie zusammen mit unseren Lieben zu verbringen und Dinge zu tun, die uns Spaß machen.

Der etwas ausgetretene Begriff Work-Life-Balance, der Anspruch das Arbeits- und Privatleben miteinander zu vereinbaren, ist seit Jahren in jedermanns Munde. Er setzt jedoch voraus, dass die Arbeit (work) und das Privatleben (life) in einer Art Gegensatz zueinander stehen. Was wäre, wenn wir noch einen Schritt weitergehen und uns das Ziel setzen, sowohl im Privat- als auch im Berufsleben nach persönlicher Erfüllung zu streben – und beide Bereiche ganzheitlich betrachten?

Als psychologisch geschulte Marktforscherin hat mich das menschliche Verhalten immer fasziniert. Obwohl beide Bereiche nach fachlich objektiven Schlussfolgerungen verlangen, muss ich gestehen, dass in diesem Fall sowohl meine professionellen Beobachtungen als auch meine persönlichen Erfahrungen zum Anlass für diesen Artikel wurden. Derzeit findet in unserer Arbeitswelt ein Umdenken statt, das – so glaube ich – erhebliche Chancen für unsere Arbeitswelt mit sich bringen wird und die bisherige Idee der Work-Life-Balance fundamental zugunsten einer Work-Life-Collaboration in Frage stellt.

Eine Sache, die mir durch die zahlreichen Mitarbeiterstudien, die ich bei B2B International im Lauf der Jahre für weltweite B2B-Unternehmen aller Industriebereiche durchgeführt habe, immer wieder bewusst wurde ist, dass die fundamentalen menschlichen Bedürfnisse im Prinzip in allen Ländern die gleichen sind.

Letztlich können die Faktoren, die das Engagement von Mitarbeitern antreiben in vier Kernbedürfnisse zusammengefasst werden:

    1. Persönliche Weiterentwicklung – Regelmäßige, individuell angepasste Fortbildungsangebote sind unerlässlich für die Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter. Viele Unternehmen verfolgen einen „one-size-fits-all“-Ansatz, ohne die verschiedenen Bedürfnisse aller Abteilungen und Länder zu berücksichtigen. Trainingsangebote sollten passend zugeschnitten sein und regelmäßig überarbeitet werden, um sicherzugehen, dass sie auf dem neuesten Stand sind
    2. Selbstständigkeit und Anerkennung – Fragen sie Ihre Mitarbeiter regelmäßig nach ihrer Meinung und ihren Ideen, liefern Sie ihnen Herausforderungen, geben sie Ihnen Verantwortung und ermächtigen Sie sie dazu ihre Aufgaben selbstständig zu erledigen. Feedback und Anerkennung durch das Management sind unerlässlich damit die Leistungen gewürdigt werden und sich die Mitarbeiter wertgeschätzt fühlen.
    3. Kommunikation und Vernetzung – Wenn Unternehmen wachsen wird es oft zunehmend schwierig für die unterschiedlichen Teams, Abteilungen und einzelnen Büros miteinander zu kommunizieren und zu arbeiten. Viele beginnen jetzt in „Silos“ zu arbeiten, was eine reibungslose, effiziente Zusammenarbeit erschwert. Die Kommunikationswege innerhalb und über die Teams hinweg offen zu halten ist von allergrößter Bedeutung, denn Vernetzung ist der Schlüssel für eine gleichbleibende interne Kultur
    4. Klare Vorgaben und Führung – Zusätzlich zur abteilungsübergreifenden Kommunikation spielt das Management eine wesentliche Rolle darin alle Mitarbeiter zu motivieren die Zielsetzungen des Unternehmens zu verfolgen. Idealerweise sollten Ihre Mitarbeiter in ihrer Arbeit einen Sinn sehen, der sich nicht nur über ihre Berufsleben erstreckt, sondern auch mit ihren persönlichen Werten übereinstimmt.

 

Der letzte Punkt greift das Umdenken auf, das sich meiner Meinung nach derzeit zum Thema Arbeit und Beruf und deren Verbindung zueinander, stattfindet. Soziales Bewusstsein wird durch breitere Vernetzung und Kommunikation kultiviert, unterstützt durch die wachsende Nutzung der Sozialen Medien. Wie aktuelle Forschungen zeigen, streben Millennials und Centennials nicht nur nach einer Arbeitsstelle, die dazu ausreicht den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten, sondern ihnen darüber hinaus einen Sinn und Zweck gibt und sich mit ihren Werten und Interessen vereinbaren lässt. Werden diese Bedürfnisse nicht erfüllt, sind sie eher dazu bereit sich nach einem neuen Arbeitgeber umzuschauen. Ich gehöre persönlich selbst zur Gruppe der sogenannten Millennials und kann durchaus nachvollziehen, warum Plattformen, die Themen Selbstentfaltung, kreatives Denken, Gesundheit, soziale Verbundenheit und gesellschaftlichen Beitrag unterstützen, im Kommen sind. Auch in der Arbeitswelt sind die Begriffe bereits präsent und werden von Philanthropen wie Tony Robbins und Plattformen wie TED vorangetrieben.

Die Work-Life-Collaboration ein Terminus, der anerkennt, dass unsere persönlichen und beruflichen Welten sich nicht länger gegenseitig ausschließen. Firmen, die diesen Wandel erkennen und die notwendigen Schritte unternehmen, indem sie in den Dialog mit ihren Mitarbeitern treten, werden es schaffen das Mitarbeiterengagement zu stärken und die 50% Lebenszeit am Arbeitsplatz in etwas wirklich Bedeutendes und Erfreuliches verwandeln.

 
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