Neurowissenschaftliche Erkenntnisse zur visuellen Wahrnehmung von Präsentationsfolien

neuronales netz

Was macht eine gute Präsentation aus? In erster Linie sollte das Thema natürlich interessant und relevant sein, der Redner sollte sich auskennen und seinen Vortrag möglichst frei und mit Elan vortragen – und zu guter Letzt sollten die Präsentationsfolien das Gesprochene unterstützen, übersichtlich und visuell ansprechend sein.

Die Ergebnispräsentation ist der Höhepunkt eines jeden Marktforschungsprojektes. Bei B2B International legen wir deshalb besonderen Wert auf die visuelle Gestaltung unserer Folien. Obwohl wir tendenziell wissen, welche Gestaltungsweise bei unseren Kunden am besten ankommt, stellen wir uns nur selten die Frage, warum das so ist. Das visuelle System des Gehirns ist Teil eines hochkomplexen Netzwerks und umfasst das Auge mit Netzhaut (Retina), den Sehnerv, Teile des Thalamus und des Hirnstamms sowie die Sehrinde. Es ermöglicht die Verarbeitung kleinster visueller Feinheiten, die teils bewusst, teils unbewusst aufgenommen werden. Doch welche Erkenntnisse zur visuellen Wahrnehmung von Präsentationsfolien lassen sich der Neurowissenschaft entziehen?

Um zu verstehen, welche Art der Visualisierung neurowissenschaftlich am wirksamsten ist, schauen wir uns die Gehirnvorgänge einmal genauer an. Bestimmte Teile des visuellen Kortex (Sehrinde) reagieren auf verschiedene visuelle Aspekte. Einige Nervenzellen dienen der Orientierung, während andere auf Bewegung oder Farben ansprechen. Das System ist in hierarchischer Weise aufgebaut; zunächst werden die grundlegenden Stimuli, die z. B. der Orientierung dienen, verarbeitet, gefolgt von visuellen Details. Dieses Zusammenspiel erlaubt uns alle visuellen Wahrnehmungen zu erfassen und die komplexen Eindrücke unseres täglichen Lebens blitzschnell zu verarbeiten.

Die folgenden Erkenntnisse zur visuellen Wahrnehmung von Präsentationsfolien können wir der Neurowissenschaft entnehmen:

1. Nutzen Sie Kontraste

Unser visuelles System ist darauf ausgelegt, Kontraste bevorzugt wahrzunehmen. Evolutionär betrachtet war die visuelle Wahrnehmung bestimmter Farbkontraste überlebenswichtig und ermöglichte unseren Vorfahren nahende Raubtiere am Himmel zu erkennen1. Vor allem dunkle Farben auf hellem Hintergrund werden von unseren Sehnerven besonders gut wahrgenommen.

Nutzen Sie bei der Gestaltung Ihrer Folien deswegen am besten helle Hintergründe und verwenden Sie dunkle Farben, um auf besonders wichtige Punkte hinzuweisen. Obwohl helle Farben auf dunklen Hintergründen ähnlich starke Kontraste bieten können, werden sie vom Gehirn weitaus ineffektiver verarbeitet.

2. Achten Sie auf Einheitlichkeit und vermeiden Sie verzerrende Hintergründe

Die Folien untereinander stimmig und konsistent zu gestalten, ist nicht nur ästhetischer, sondern vermeidet eine versehentliche Verzerrung der dargestellten Informationen. Dass kleinste Veränderung der Größe und Anordnung bestimmter Grafiken die Wahrnehmung des Publikums verändern können, zeigt das Experiment des US Experimentalpsychologen Edward Titchener3. Sehen Sie sich die unteren 2 Grafiken an (Abbildung 1). Welcher schwarze Kreis ist Ihrer Meinung nach größer? Der Rechte?

Titchener Kreise

Abbildung 1: Titchener Kreise

Falsch – in Wirklichkeit sind beide Kreise genau gleich groß. Allein die Anordnung der grauen Kreise rundherum beeinflusst die wahrgenommene Größe des schwarzen Kreises. Es ist also eine klassische optische Täuschung.

Geben Sie also bei der Anordnung Ihrer Grafiken, vor allem bei Vergleichsanalysen und Diagrammen, Acht auf Einheitlichkeit. Vermeiden Sie darüber hinaus Hintergründe, die die visuelle Wahrnehmung Ihrer Abbildungen verzerren könnten.

3. Eine laute Stimme verstärkt die visuelle Reizaufnahme

Das visuelle System ist ein Teil des Nervensystems und daher untrennbar mit dem kompletten neuronalen Netz verbunden. Daher darf die visuelle Reizaufnahme nicht alleinstehend betrachtet werden, sondern in Verbindung mit allen anderen Reizen. Wie neueste Forschungen herausfanden 4+2, wird die Effizienz der Aufnahme visueller Reize durch die auditive Wahrnehmung (das Gehör) beeinflusst. Forscher konnten darauf schließen, dass eine laute Stimme die visuelle Reizaufnahme unterstützt. Achten Sie bei Ihrer nächsten Präsentation also darauf, dass Sie die Ergebnisse mit einer angemessen starken und lauten Stimme vortragen.

Referenzen:

1Baden, T., Schubert, T., Chang, L., Wei, T., Zaichuk, M., Wissinger, B. and Euler, T., 2013. A tale of two retinal domains: near-optimal sampling of achromatic contrasts in natural scenes through asymmetric photoreceptor distribution. Neuron, 80(5), pp.1206-1217.

2Kondo, H.M., van Loon, A.M., Kawahara, J.I. and Moore, B.C., 2017. Auditory and visual scene analysis: an overview.

3Pavani, F., Boscagli, I., Benvenuti, F., Rabuffetti, M. and Farnè, A., 1999. Are perception and action affected differently by the Titchener circles illusion?. Experimental Brain Research, 127(1), pp.95-101.

4Petersen, A., Petersen, A.H., Bundesen, C., Vangkilde, S. and Habekost, T., 2017. The effect of phasic auditory alerting on visual perception. Cognition, 165, pp.73-81

 
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