„Alles was du kannst – kann ich viel besser” – sagt der Roboter

 

Das kürzlich auch in der deutschen Übersetzung erschienene Buch „Aus der Welt: Grenzen der Entscheidung oder Eine Freundschaft, die unser Denken verändert hat“ von dem amerikanischen Sachbuch-Autor Michael Lewis erzählt die Geschichte der Freundschaft zwischen den beiden Psychologen Daniel Kahneman und Amos Tversky. Der informierte Marktforscher kennt die beiden gut, haben sie doch in den Siebzigerjahren die bahnbrechenden Ideen entwickelt auf denen die Verhaltensökonomie beruht. Kahneman erhielt 2002, Tversky war zu dem Zeitpunkt schon 6 Jahre tot, den Wirtschaftsnobelpreis.

In dem Buch wird u. a. folgendes Experiment beschrieben: Wissenschaftler hatten am Oregon Research Institute einen Algorithmus entwickelt, der feststellen sollte, ob eine Person an Krebs erkrankt war. Die Diagnosen mithilfe des Algorithmus waren zuverlässiger, als diejenigen der Ärzte – in allen Fällen. Theoretisch bedeutet dies, dass ein Arzt durch eine mathematische Gleichung ersetzt werden kann – entwickelt von Menschen, die nichts von Medizin verstehen und die ein paar einfache Fragen stellten, die auch von Ärzten gestellt werden.

Algorithmen sind eindeutige Handlungsvorschriften zur Lösung mathematischer Probleme; sie geben exakte Einzelschritte vor, die zu befolgen sind. Auch in der Marktforschung werden Algorithmen angewendet, zum Beispiel um zu bestimmen, welchem Kundensegment ein bestimmtes Unternehmen zugeordnet werden kann.

Dazu wird ein Set von Fragen („Killer Questions“) vorgegeben. Ein Vertriebsmanager kann diese in Bezug auf das zu prüfende Unternehmen beantworten und erhält als Ergebnis das Segment, zu dem dieses Unternehmen gehört. Sehr erfolgreich ist das nicht. Entweder werden die Fragen gar nicht gestellt, weil der Kundenbetreuer glaubt es ohnehin besser zu wissen; oder die Antworten werden durch die eigene Meinung (das eigene Vorurteil) verfälscht. „Maschine schlägt Mensch“ könnte man in beiden Fällen – Arzt und Vertrieb – sagen; die Logik der Maschine beruht auf einem Algorithmus und sie geht objektiv und unbeeinflusst vor.

Auch im Marketing gewinnen Algorithmen zunehmend an Bedeutung. Amazon setzt sie ein, um uns wissen zu lassen, was „andere auch gekauft haben, die diese Produkt angesehen haben“. Reisen buchen, nach einem Date Ausschau halten und vieles mehr – nichts geht ohne Algorithmus. Mit dem Internet der Dinge werden Algorithmen noch tiefer in unser Leben eindringen und unser Kaufverhalten stärker denn je beeinflussen. Unser Kaufverhalten? Wenn der Kühlschrank die Milch bestellt?

Ich habe verzweifelt nach einem Beispiel gesucht, in dem der Mensch dem Algorithmus überlegen ist. Ich habe es gefunden. Immer dann, wenn Empathie ins Spiel kommt, scheitert der Algorithmus kläglich. Empathie zu zeigen ist nicht als Einzelschritt vorgesehen.

Können Sie sich noch an das Geiseldrama im Zentrum von Sydney im Dezember 2014 erinnern? Uber erhöhte kurzfristig seine Preise aufgrund gestiegener Nachfrage. Der Uber-Algorithmus hatte die Nachfragekurve gemessen, er begriff aber nicht den Grund dafür. Und deshalb gab er eine unangemessene Handlungsempfehlung. Die australische Bevölkerung reagierte empört.

 
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