Innovationen, so heißt es, sind die Lebensadern erfolgreicher Unternehmen. Die Einführung neuer Produkte und Dienstleistungen ist einer der effektivsten Wege sich vom Wettbewerb zu differenzieren und einen Wettbewerbsvorteil aufzubauen. In Wirklichkeit ist die kontinuierliche Entwicklung neuer Produkte, die den Nerv der Kundschaft treffen, jedoch oft schwerer als angenommen. Nur zu oft scheitern Produkteinführung an einer Reihe externer und interner Faktoren, wie einer übermäßigen Marktsättigung, sich zu schnell ändernden Technologien oder falsch verstandenen Bedürfnissen und Erwartungen der Endnutzer.
Um der Innovationslethargie entgegenzuwirken, nutzen führende internationale Unternehmen seit einiger Zeit ein Konzept, das den Ansatz verfolgt, zunächst die Bedürfnisse der Zielkundschaft zu identifizieren und anschließend neue Lösungen auf Basis dieser Bedürfnisse zu entwickeln. Der Vorgang wird als Design Thinking bezeichnet und findet üblicherweise in den frühen Phasen der Produktentwicklung statt.
Tim Brown, Präsident von IDEO, einem Design- und Beratungsunternehmen, definiert Design Thinking als „einen auf den Menschen ausgerichteten Innovationsansatz, der die Werkzeuge der Designer nutzt, um die Bedürfnisse der Menschen, technologische Möglichkeiten und wirtschaftliche Ziele miteinander zu verknüpfen.“
Design Thinking: In fünf Schritten zur Innovation
Das Hasso-Plattner-Institut teilt den Design-Thinking-Prozess in fünf verschiedene Phasen ein. Zu Beginn wird sich mit den Endnutzern und ihren Bedürfnissen auseinandergesetzt, danach werden Designherausforderungen klar definiert, mögliche Lösungen entworfen, Prototypen erstellt und zu guter Letzt Produkttests durchgeführt. Jedes Design-Thinking-Projekt profitiert von persönlichen Workshops, die Mitglieder verschiedener Abteilungen zusammenbringen.
Workshops ermöglichen es multidisziplinären Teams, den Produktentwicklungsprozess aktiv und kreativ zu gestalten (gemeinschaftlicher Innovationsansatz). Gewöhnlich findet der Design-Thinking-Prozess iterativ statt – wird am Ende der fünf Schritte ein Prototyp erstellt und getestet, entstehen meist Verbesserungsansätze, die erneut getestet werden und einen verfeinerten Prototypen hervorbringen. Die fünf Schritte des Vorgangs sind:
1. Verstehen – In der ersten Phase des Design-Thinking-Vorgangs beschäftigt sich das Team mit den Anforderungen, Bedürfnissen und möglichen Problembereichen der Zielgruppe. Einsichten werden meist aus einer Mischung von Primär- und Sekundärdaten ermittelt. Übliche Forschungstechniken sind die ethnografische Forschung (Beobachtung der Zielgruppe), Fokusgruppen, Tiefeninterviews und Big-Data-Analysen (z.B. Web-Analysen).
2. Standpunkt definieren – Als Nächstes fassen „Design-Thinker“ die Ergebnisse zu einer klaren und prägnanten Aussage zusammen. Projektive Techniken wie die Vervollständigung von Sätzen oder die Entwicklung von fiktiven Kundenprofilen (Buyer Personas) dienen bei der Synthese der Forschungsergebnisse und bei der Definierung der Design-Herausforderungen.
3. Ideen finden – Nun geht es ans Eingemachte! Während der Ideenentwicklung setzen sich die Teams das Ziel, so viele potenzielle Lösungsansätze für die Probleme der Kunden wie möglich zu generieren. Laterale Denktechniken, mit denen Workshop-Teilnehmer angeregt werden, an schlechteste Ideen zu denken oder in 10 Minuten 100 Ideen zu finden, sind in dieser Phase besonders geeignet.
4. Prototyp entwickeln – Die besten Ideen des vorherigen Schrittes werden nun in Prototypen verwandelt. Zunächst entsteht meist eine Bleistiftskizze, die dann anhand einfacher Materialen (z.B. als 3D-Druck oder sogar aus Lego-Bausteinen), umgesetzt wird.
5. Testen – Schließlich werden die Prototypen von der Zielgruppe getestet. Online-Communities, ethnographische Forschung oder eine Vielzahl von Usability-Techniken wie lautes Denken oder Cognitive Walkthroughs (kognitives Durchdenken eines Problems) sind geeignete Tools, um schnelle Einblicke zu erhalten, wie reale Nutzer mit dem Produkt interagieren. Am Ende dieser Phase werden die Ergebnisse im Team neu diskutiert und das Produktkonzept entsprechend überarbeitet.
Durch Design Thinking kundenorientierte Geschäftslösungen liefern
Obwohl der Design-Think-Vorgang ursprünglich für die Entwicklung neuer Produkte und für die Verbesserung bereits vorhandener Produkte erarbeitet wurde, sind seine Prinzipien in so gut wie jeden Business-Kontext übertragbar. Der fünfstufige Prozess kann erfolgreich für jedes noch so komplexe Thema angewendet werden, mit dem ein Unternehmen konfrontiert sein könnte; ob für die Verbesserung der Kundenerfahrung, die Optimierung der Customer Journey oder die Ausarbeitung neuer Nutzenversprechen.
Die Rolle der Marktforschung im Design Thinking
Sowohl „Design-Thinker“ als auch Marktforscher sind bei der Entwicklung neuer Lösungen dabei bedacht, die Bedürfnisse der Kunden zu verstehen und besser zu treffen. Marktforscher können Design-Thinker deshalb in allen Phasen des Vorgangs unterstützen. Besonders eignet sich eine Zusammenarbeit bei der Erhebung von Primär- und Sekundärdaten (z.B. durch Telefoninterviews, Online-Umfragen, Beobachtungen oder Desk Research), bei der Leitung multidisziplinärer Workshops und bei Auswahl der richtigen Forschungsmethode.