Bis zu Beginn der 1980er Jahre gab es praktisch keine Marktforschung in China. Im Jahr 1998 konnte man dann schon 850 registrierte Marktforschungsinstitute zählen – eine Folge der „Politik der offenen Tür“, die private Investoren anzog. Die Unternehmen waren teils in chinesischer Hand, teils waren es Joint-Ventures. Seither gab es einen regelrechten Boom der Marktforschungsindustrie: heute bieten 4.000 registrierte Marktforschungsunternehmen in China ihre Dienste an (2014).
Trotz der hohen Anzahl von Anbietern kann man nicht sagen, dass dies die Marktforschung in China leichter gemacht hätte. Im heutigen Blog Post möchten wir drei der größten Herausforderungen diskutieren, die sich Auftraggebern von Marktforschung in China in den Weg stellen (insbesondere im Bereich der B2B-Marktforschung). Diese sind:
- mangelhafte Sekundärressourcen
- mitunter unzuverlässige Primärdaten
- die Herausforderung ein verlässliches Institut zu finden
Mangelhafte Sekundärressourcen
Sekundärdaten sollte in China nicht blind vertraut werden. Einer der Gründe ist das sich immer wieder und rasch verändernde Umfeld und die stark fragmentierten Märkte in diesem riesigen Land. Das bedeutet, dass Daten und Informationen ständig aktualisiert werden müssen, damit sie aussagekräftig bleiben. Eine kontinuierliche Analyse sowohl von neuen, als auch von existierenden Daten durch erfahrene Spezialisten ist notwendig. Leider wird aber Sekundärforschung häufig weniger erfahrenen Marktforschern bzw. Mitarbeitern überlassen. Zudem wird der Output aus Desk Research fleißig weiter verwendet und mit Usern geteilt, während die Originaldaten meist nur von Wenigen angesehen oder genutzt werden. Die Empfehlung lautet deshalb mehrere Quellen zu nutzen und Sekundärdaten immer auch durch Primärforschung zu verifizieren und zu referenzieren.
Unzuverlässige Primärdaten
Nun ist aber auch die Primärforschung in China nicht unproblematisch. Bezogen auf die Fläche ist China das viertgrößte Land der Welt und der ökonomische Kontext ändert sich praktisch minütlich. Kein Tag vergeht, an dem nicht neue Unternehmen auf den Plan treten und andere einfach spurlos verschwinden. Ein solch brutales Wettbewerbsumfeld führt zu einer Kultur des Misstrauens. Dies macht B2B-Zielgruppen schwer erreichbar bzw. schwer zugänglich. Wenn es doch zu einem Interview kommt sorgt die konservative Haltung dafür, dass nur wenige Aussagen zum Unternehmen und zum Geschäft gemacht werden. Die Teilnehmer werden sicherlich Informationen preisgeben, aber die „ganze Wahrheit“ wird in der Regel verborgen bleiben, insbesondere Fremden gegenüber. Insofern ist ein 2-Phasen-Ansatz von zunächst qualitativer Forschung, sei es in Form von face-to-face oder auch von längeren telefonischen Interviews, gefolgt von quantitativer Überprüfung zu empfehlen. Für die quantitative Phase sind Telefoninterviews die effektivste und effizienteste Methode (dies sagen wir nach 10 Jahren praktischer Erfahrung im Land). Vorteil ist unter anderem eine gewisse geografische Repräsentativität. B2B-Online-Panels befinden sich gegenwärtig noch in einem frühen Entwicklungsstadium und die Zuverlässigkeit der Daten lässt noch zu wünschen übrig.
Marktforschungsinstitute
Wie findet man unter den mehr als 4.000 Marktforschungsunternehmen das richtige Institut für die eigenen Belange? Die Gründung eines Marktforschungsunternehmens erfordert eine relative geringe Investitionen (100.000 CNY, umgerechnet etwa 15.000,- €).
Es braucht lediglich ein Büro, ein paar PC‘s und eine Handvoll Stifte. Als Folge schwankt die Qualität, Professionalität und technische Ausstattung der Anbieter beträchtlich. In der Bevölkerung existiert ein heterogenes Bild von einem „Marktforschungsunternehmen“. Die Öffentlichkeit denkt bei dem Wort meist an ein Feldinstitut zur Datenerhebung; oder an eine Agentur, die Teilnehmer rekrutiert; oder an ein Unternehmen, das Kontaktlisten verkauft; oder mitunter auch an ein Tele-Shopping-Unternehmen.
Es ist auch nicht außergewöhnlich für ein Marktforschungsinstitut, die Datenerhebung an spezielle Felddienstleister zu vergeben, was wiederum ein höheres Risiko bei der Datenqualität bedeutet. Ein Full-Service Institut mit integrierter Feldabteilung verringert das Risiko fragwürdiger Daten ganz erheblich. Und schließlich: in China gilt vielleicht noch mehr als anderswo: „you get what you pay for“. Der Preis spiegelt die Qualität wider.
Es ist keine unlösbare Aufgabe Business-to-business-Marktforschung in China durchzuführen. Allerdings gibt es vielfältige Herausforderungen und Risiken, wenn die Untersuchungsmethode und die Dienstleister nicht sorgfältig geprüft und ausgewählt werden. Die Datenqualität, ob Primär- oder Sekundärdaten, beruht in erster Linie:
- auf der Erfahrung des Instituts im Land
- und dem Umstand, wieviel der Projektleistung in-house und „aus einer Hand“ erbracht wird.
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