Ein Platz im Museum of Failure

Innovationen und Produktenwicklungen gehören zu den mitunter spannendsten Themen in der Business-Welt. Wenn Marktbedürfnisse richtig erfüllt werden, können Innovationen einen Markt komplett neuordnen und Unternehmen einen gehörigen Vorsprung verleihen. „Neu“ ist sicher einer der wesentlichsten Begriffe im Marketingvokabular. Die Kosmetikbranche zum Beispiel bezieht rund 15-20% aus Verkäufen „neuer“ Produkte.

Zugegeben, der Anteil bei B2B-Unternehmen ist nicht so hoch, dennoch glauben einige Experten, dass 30% einer Produktlinie aus Produkten bestehen sollte, die nicht älter als 5 Jahre sind.

Die Angaben zu diesem Thema sind allerdings sehr vage. Was gilt denn eigentlich als neues Produkt? Handelt es sich nur um eine Optimierung oder reden wir wirklich von etwas völlig neuem? Die meisten neuen Produkte erweisen sich am Ende oft als Variationen ihrer Vorgänger. Manchmal ist sogar nur die Verpackung neu.

Sie lesen diesen Beitrag – das lässt uns vermuten, dass Sie im Marketing oder der Marktforschung tätig sind. In Ihrer Verantwortung liegt die ständige Suche nach dem neuen Produkt, der frischen Idee, die Ihrem Unternehmen den zukünftigen Erfolg sichert. Genau hierin liegt aber auch das Problem, an dem so viele neue Produkte scheitern, denn die stetige Weiterentwicklung ist alles andere als einfach.

Die Konsumgüterbranche liefert zum Thema Innovationen weitaus mehr Daten und verfügbare Beispiele. Vor einigen Jahren fand die Marktforschungsgesellschaft Nielsen heraus, dass im Jahr 2015 nur 18 von 8.650 neuen Produkteinführungen in Europa bahnbrechende Neuentwicklungen waren.

Ein wirklich neues Produkt, wie zum Beispiel Nestlé’s Nespresso Kapseln machen insgesamt nur rund 0,2% aller Entwicklungen aus. Die meisten der 8.650 neuen Produkte der Analyse kamen aus dem Lebensmittelsektor. Führend waren hierbei Sport Drinks, Bier und Mineralwasser, die aufgepeppt durch kleine Veränderungen und Verbesserungen eben keineswegs wirkliche Erneuerungen darstellten.

Coca Cola ist eine der Firmen der Getränkeindustrie, die ihr Produktsortiment bekannterweise ständig erneuern. Dabei hat Coca Cola einige böse Erfahrungen im Zusammenhang mit Innovationen gesammelt – was nur zu gut zeigt wie schwierig es ist das Sortiment immer innovativ und marktnah zu halten. Mit dem Ziel ihr Kernprodukt zu verbessern, brachte Coca Cola im Jahr 1985 die New Coke heraus – sie war ein kompletter Flopp, sodass Coca Cola 1992 wieder die alte Rezeptur und den Namen Coca Cola Classic übernahm.

Erinnern Sie sich noch an Coca-Cola Life? Sie wurde 2014 auf den Markt gebracht – in einer grünen Dose und mit einem „innovativen“ Süßstoff auf natürlicher Basis (Stevia). Sie fand keinen Anklang und ist inzwischen wieder aus dem Portfolio verschwunden. Ein weiterer Coke-Flopp war die Coca-Cola BlāK, ein Getränk mit Kaffeegeschmack, eingeführt 2006 und bereits 2008 wieder sang und klanglos vom Markt genommen.

Wenn es schon Coca Cola schwer fällt neue Produkte zu entwickeln und erfolgreich auf den Markt zu bringen, sollte uns das wohl zu denken geben. Neue Produkte müssen auf entsprechende Bedürfnisse treffen. Manchmal sind solche Interessen offensichtlich und ein neues Produkt trifft direkt ins Schwarze. Das zeigt uns beispielsweise Scholl’s Velvet Smooth, das raue und verhornte Füße glättet. Männer mögen das vielleicht nicht ganz verstehen, aber Frauen sorgen sich sehr wohl um ein samtiges Gefühl ihrer Fußsohlen und sind damit die perfekte Zielgruppe. Ihr Bedürfnis Füße in einem gepflegten Zustand zu haben, hat Scholl erkannt und mit dem neuen Produkt äußerst erfolgreich beantwortet.

Doch vor einem Flopp gefeit ist man, auch mit gründlicher Marktforschung, nie ganz. Obwohl Harley Davidson sich im Markt für Motorräder bestens auskennt und ihre Zielgruppe stark mit der für Aftershave überlappt, war die Einführung eines Harley Davidson Aftershaves ein kompletter Reinfall. Das Rasierwasser fand jetzt sein neues Zuhause als berühmtes Ausstellungsstück im Museum Of Failure, das seine Tore im April diesen Jahres in Helsingborg /Schweden öffnete. Ein Besuch dort lohnt sich sicher einmal für uns alle.

 
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