Großunternehmen sind am meisten um ihre Mitarbeiter besorgt & Millennials (Generation Y) kommen am besten zurecht. Außerdem werden Online-Unternehmen den Aufschwung anführen
In der dieswöchigen Überprüfung der Ergebnisse unserer COVID-19 Tracker Studie untersuchen wir das Geschäftsklima und die emotionalen Auswirkungen der Krise. Es gibt eine Reihe von Überraschungen…
Furcht. Verzweiflung. Angst um geliebte Menschen, Angst um unsere Arbeitsplätze, Wut über unsere missliche Lage. In unserem persönlichen Leben hat die Corona-Pandemie eine Reihe von Emotionen und ein Durcheinander von Bewältigungsmechanismen in uns allen ausgelöst. Umfragen haben die emotionalen und physischen Reaktionen der Verbraucher auf die Krise überprüft. In den USA berichtete Medical News Today, dass 22 % der Menschen ihren Alkoholkonsum erhöhten und 36 % unter Schlafstörungen litten. Andererseits gibt es aber auch Positives zu berichten: 84 % gaben an, dass sie in der Zeit viel produktiver waren, und mehr als die Hälfte glaubte, dass ein humorvoller Umgang mit der Situation ihr Wohlbefinden verbessert habe.
Wir bei B2B International interessieren uns für das Verhalten und die Emotionen in Unternehmen. Unternehmen sind immerhin Ansammlungen von Menschen und diese sind von Natur aus emotional. Genau wie Einzelpersonen streben Unternehmen nach Beziehungen, Stolz und Selbstverwirklichung. Als Arbeitnehmer sind wir oft am emotionalsten, wenn wir am Berufsleben teilnehmen. Wir sind stolz auf unsere Leistungen, verzweifelt, gedemütigt durch unser Versagen, außerdem beschützend und zugleich eifersüchtig gegenüber unseren Kollegen. Da Berufs- und Privatleben unwiderruflich miteinander verflochten werden, nimmt unsere Sensibilisierung zu, genauso wie auch die der Unternehmen. Da wir das Geschäftsklima während der gesamten Corona-Krise verfolgen, konzentrieren wir uns in dieser vierten Woche auf die emotionale Befindlichkeit in Unternehmen. Welche Emotionen erleben Unternehmensentscheider, was verursacht diese Emotionen und was bedeutet dies für ihre Unternehmen?
Weitverbreitete Besorgnis und trotziger Optimismus
Es wird nicht überraschen, dass die negativen Emotionen der Entscheidungsträger im Laufe der Krise die positiven überwogen haben. Über 70 % der Unternehmen fühlen sich „besorgt“. Dies definieren sie als eine der drei Emotionen, die am ehesten ihren emotionalen Zustand beschreiben, dicht gefolgt von der Emotion „ängstlich“. Bei Betrachtung der darunter liegenden Nennungen wird das Bild noch interessanter. Fast die Hälfte der Entscheidungsträger beschreibt sich selbst als „frustriert“. Grund dafür sind Budgetkürzungen, Investitionskürzungen, Beurlaubungen und anderen drastischen Planänderungen.
Anderseits bleibt ein volles Drittel der Geschäftsleute „optimistisch“ und mit 25 % „zuversichtlich“. Das obwohl wir uns in eine Rezession begeben, die es in dieser Ausprägung seit Jahrhunderten nicht mehr gegeben hat. Es wird oft außer Acht gelassen, dass viele Geschäftsleute (genau genommen viele Menschen im Allgemeinen) von ihrem Wesen her Optimisten sind. Darüber hinaus bieten Momente des Umbruchs auch die größten Chancen für Unternehmen, wenn sie im richtigen Sektor arbeiten und zum richtigen Zeitpunkt tätig werden.
Welche Gruppen von Entscheidungsträgern sind also am meisten betroffen?
Großunternehmen sind genauso betroffen wie klein- und mittelständige Unternehmen
Unsere Erkenntnisse darüber, welche Unternehmen von den Auswirkungen von Corona am meisten betroffen sind, helfen dabei mit einigen Vorurteilen aufzuräumen. Große Betriebe mit mehr als 250 Mitarbeitern (68 %) sind fast ebenso von der momentanen Lage betroffen wie die kleinen Unternehmen (76 %), von denen oft angenommen wird, dass sie von sich aus bereits anfälliger wären. Dieser Grad der Betroffenheit hat sich seit Beginn der Studie Ende März kaum verändert. Die meisten Unternehmen sind betroffen, und dieser Zustand hat sich mittlerweile fest etabliert. Kleinere und größere Organisationen sind gleichermaßen betroffen, wenn es grundsätzlich um Liquidität, der Umsatzgenerierung und den künftigen Geschäftsaussichten geht. Vertreter aller Unternehmensgrößen befürchten, dass der Verkauf und die Verkaufsaussichten mittelfristig gering bleiben und dass bald eine Kostenreduzierung folgen muss.
Großunternehmen sind am meisten besorgt um Einbindung und Wohlergehen ihrer Mitarbeiter
Die Allgemeinheit ist äußerst skeptisch, wenn es um Mitarbeiterfürsorge von Großunternehmen geht. Eine YouGov-Umfrage aus dem Jahr 2017 im Vereinigten Königreich zeigte, dass nur 23% der Befragten den Geschäftsführern großer Betriebe vertrauen. Die meisten waren der Meinung, dass Unternehmensleiter fairer mit Mitarbeitern und anderen Interessengruppen umgehen sollten. Kleinere Unternehmen werden häufig als kontaktfreudiger, authentischer und altruistischer angesehen.
Unsere Trackingstudie zeigt jedoch, dass in Zeiten der Pandemie Großbetriebe weitaus mehr um ihre Mitarbeiter besorgt sind als KMUs. Zwei Drittel der großen Betriebe fühlen sich „ziemlich“ oder „extrem“ betroffen von diesen Belangen. Sie empfinden das Thema sogar beunruhigender als die finanziellen Sorgen ihrer Unternehmen. Von den kleineren Betrieben gibt jedoch nur etwas mehr als die Hälfte an, dass sie von diesen Arbeitnehmerfragen betroffen sind. Wenn kleine Unternehmen in diesen schwierigen Momenten nicht die Belange ihrer Mitarbeiter in den Vordergrund stellen, ist zu erwarten, dass ihre Arbeitgebermarke einen Schaden davonträgt. Ihre Fluktuationsrate könnte steigen, sobald sich die Wirtschaft erholt hat, und wieder freie Stellen für neue Aufgaben entstehen.
Unsere zahlreichen Studien über den Lebenszyklus von Unternehmen zeigen, dass mit dem Wachstum der Unternehmen deren Planung strategischer, langfristiger und granularer wird. Es überrascht daher nicht, dass Großbetriebe in der gegenwärtigen Pandemie mehr als kleinere Unternehmen besorgt sind, dass ihre Strategien nicht nach Plan verlaufen könnten.
Außerhalb Deutschlands ist die Sorge überall
Wider Erwarten, sind Geschäftsleute aus Ländern des Epizentrums der Corona-Krise (Westeuropa wurde in den letzten acht Wochen als solches betrachtet) weniger besorgt als Geschäftsleute in Nord- und Südamerika oder in der APAC-Region. Dies ist größtenteils auf die geringe Besorgnis (44 %) in Deutschland zurückzuführen, die nach Ansicht der meisten die Ausbreitung der Krankheit und die nachfolgenden Todesfälle wirksam begrenzt hat.
Aber selbst Unternehmen im Vereinigten Königreich (nach der Zahl der Todesopfer am stärksten betroffenes Land in Europa) sind nicht wesentlich besorgter als Unternehmen an den meisten anderen Standorten. Dies mag auf die Reaktion der Regierung zurückzuführen sein. Trotz ihrer als schlecht empfundenen Leistung im Umgang mit der Krankheit wird nach allgemeiner Auffassung vor allem die staatlich mitfinanzierte Beurlaubung von Arbeitnehmern (furlough) die Prognosen der Unternehmen kurzfristig verbessert haben.
Wirtschaftliche Entscheidungsträger der Generation Y (Millennials) – am entspanntesten gegenüber der Krise und am optimistischsten in Bezug auf die Reaktion ihrer Regierungen
Die Erkenntnis, die vielleicht noch am meisten Vorurteile abbauen hilft, ist, dass die Generation Y, die Generation der neuen Entscheidungsträger und Unternehmer, über eine höhere emotionale Stärke verfügt als die älteren Generationen. Tatsächlich zeigt unsere Studie, dass der Grad der Besorgnis und Angst in der Geschäftswelt mit zunehmendem Alter zunimmt. Die Ansicht der Psychologen, dass die emotionale Regulationsfähigkeit im Erwachsenenalter zunimmt, wird vielleicht durch die Gesundheitsrisiken, denen die über 50-Jährigen ausgesetzt sind, und die Fürsorgepflichten, die in den Arbeitstag des mittleren Alters eingewoben werden müssen, aufgehoben. Millennials (65 %) haben mehr Vertrauen als jeder andere in den Umgang ihrer Regierungen mit der Epidemie, mehr Vertrauen in die Finanzierung von Unternehmen und Mitarbeiterbindungsprogrammen durch ihre Regierungen (65 %) und mehr Vertrauen in die Fähigkeit ihrer Regierungen, mit zukünftigen Störungen umzugehen (68 %).
Die Bedenken überwinden
Wie soll die Wirtschaft die Corona-Krise überwinden, wenn fast alle Bereiche Probleme aufweisen? Hier sehen die Unternehmen vor allem eine Lösung.
Während einer Pandemie ist eine Online-Präsenz ein ausgezeichnetes Mittel zur Entspannung
Diejenigen, die weder online noch über eine E-Commerce-Plattform verkaufen, sind deutlich besorgter als diejenigen, die dies tun. Das ist nicht überraschend, bedenkt man bspw. der Millionen von Ziegelbauunternehmen, die kurzfristig gezwungen waren ihre Geschäfte zu schließen. Diese Unternehmen müssen auch langfristig mit weniger Kunden in ihren Outlets rechnen. Online-Firmen gehören zu den optimistischsten Betrieben. Sie sind nicht nur zuversichtlichst, dass sie sich erfolgreich von der Corona-Krise erholen werden, sondern glauben auch, dass sich ihr Land von der Krise erholen wird. Am auffälligsten ist, dass sie 6-mal wahrscheinlicher als Unternehmen, die nicht online verkaufen, ein beträchtliches Umsatzwachstum für das Jahr 2020 vorhersagen können.
Wer wird also erfolgreich sein?
Zukunftsprognosen sind in einer sich ständig verändernden und beispiellosen Situation schwierig. Die Stimmung ist jedoch eher gemäßigt als übermäßig pessimistisch. 74 % der Unternehmen äußerten sich zuversichtlich, dass sie sich erholen werden. Die Unternehmen teilen sich in zwei Lager, nämlich in Optimisten und Pessimisten. Neben Unternehmen, die in großem Umfang online tätig sind, sehen sich auch bestimmte Sektoren und Länder gut vorbereitet, sich von der Pandemie zu erholen.
Auf der pessimistischen Seite ist die Reisefähigkeit die große Triebfeder: Tourismus, Gastgewerbe und Distribution/Logistik äußern im Allgemeinen eher negative Gefühle, obwohl 60 % oder mehr glauben, dass sich ihre Unternehmen erholen werden. Wer ist am positivsten gestimmt? Deutsche Unternehmen, Finanzdienstleistungsunternehmen, Konsumgüter-/Lebensmittelhersteller und Unternehmen mit einer Online-Präsenz berichten alle von ihrer Zuversicht, dass ihre Unternehmen widerstandsfähig sind und sich erholen werden.
Aber am zuversichtlichsten sind Unternehmen, die in China ansässig sind, einem Land, das die
Pandemie weitgehend hinter sich gelassen und eine „neue Normalität“ erreicht hat. Vielleicht ist das ein Hinweis darauf, dass die Krise nicht ewig dauern wird und sich die Emotionen innerhalb der Unternehmen weiter verändern werden.