Es ist schon seit längerem aus psychologischer oder verhaltenswissenschaftlicher Sicht belegt, dass unsere alltäglichen Kaufentscheidungen nicht nur rationalen Argumenten folgen, sondern auch eine sehr starke emotionale Komponente besitzen.
Warum sonst kaufen wir als Verbraucher so bereitwillig einen teuren SUV, der in der Stadt eher die Parkplatzsuche erschwert. Und warum wollen wir unbedingt das neueste iPad besitzen, obwohl das Vorgängermodell eigentlich noch sehr gut läuft und erst ein Jahr alt ist.
Viele Experten sprechen in der Diskussion zu dieser Thematik auch davon, dass die tatsächlichen Treiber tief in unseren Emotionen verwurzelt sind und diese Emotionen unsere Entscheidungsprozesse maßgeblich beeinflussen. Bücher wie Buy-ology von Martin Lindstrom beschreiben diesen Zusammenhang deutlich und die Marktforschung hat ihre Methoden und Analyseverfahren längst auf diesen Zusammenhang hin ausgerichtet.
Längst hat man sich in der Consumer-Marktforschung von dem Homo Oeconomicus verabschiedet. Auch in der Interaktion von Partnern im B2B Prozess stehen wir häufig vor der Frage, ob Entscheidungen für oder gegen ein Unternehmen strikt rationalen Mechanismen unterliegen oder auch eine wichtige emotionale Komponente besitzen. Die Vorstellung von einem rein rational getriebenen Entscheidungsprozess hält sich im Selbstbild der Businesswelt recht hartnäckig. Schließlich gibt es ja in nahezu jedem größeren Unternehmen mit strikten Einkaufs- und Vergaberichtlinien ein Entscheidungskorsett für Buying Center und das Procurement.
Auch die Betroffenen selbst – Einkäufer, Abteilungsleiter und Manager – spielen die Bedeutung der Emotion häufig herunter. Dazu ein Beispiel: Einer meiner Freunde ist verantwortlich für das Facility Management eines größeren internationalen Finanzdienstleisters. Ein nicht unwesentlicher Teil seines Arbeitsalltags besteht darin, Leistungen von Fremdunternehmen auszuwählen und einzukaufen und diese B2B Entscheidungen intern zu diskutieren und zu begründen.
Nahezu täglich geht es für ihn darum, Malerfirmen auszuwählen, einen neuen Lieferanten für die Hardware zu beauftragen oder zu entscheiden, welche Firma die benötigten Pflanzen für die Neugestaltung der Büros liefern soll.
Mein Freund ist ein strukturierter und wohlüberlegter Mensch. Er wägt ab, vergleicht, zieht seine Schlüsse und entscheidet dann. Viele dieser Entscheidungen trifft er selbständig, denn das Investment bedarf nicht immer eines langwierigen Diskussionsprozesses im Kollegen- und Vorgesetztenkreis. Als verantwortungsbewusster Entscheider folgt er aber auch Richtlinien und Vergaberegeln, die vom Staat, von Verbänden und von seinem Arbeitgeber selbst aufgestellt wurden. Kurzum: er ist ein durch und durch von Rationalität durchdrungener Mensch. Er achtet auf Preis, Leistung, Qualität und Risiko und darauf, dass alle Regeln eingehalten werden.
Ich habe mich neulich mit meinem Freund über so einen üblichen Entscheidungsprozess unterhalten und dabei folgende Erkenntnis gewonnen: mein Freund folgt als Business-Entscheider auch seinen emotionalen Eindrücken. Wenn man tief genug bohrt, dann sagt auch er als rationaler B2B Akteur, dass Preise und Leistungsbestandteile oft ähnlich sind und man nicht allein auf Basis dieser harten Fakten entscheiden kann. Dann hilft es vielleicht doch, dass der eine oder andere Lieferant einen „besseren Draht“ zum Entscheider hat, ihm die Dinge nicht zu umständlich macht oder einfach nur Sympathie ausstrahlt. Business ist auch in Zeiten zunehmender Digitalisierung auch ein Peoples-Business und so bringt mitunter die emotionale Differenzierung einen wichtigen Mehrwert für ein erfolgreiches Relationship Management. Wenn rationale Argumente sich im Wettbewerb kaum voneinander abheben, können emotionale Werte, die mit Ihrem Unternehmen verbunden sind, den ausschlaggebenden Faktor für eine positive Kundenentscheidung zu Ihren Gunsten liefern.
Wir stellen dies in vielen unserer Studien etwa zur Customer Satisfaction fest: Erfolgreiche Unternehmen im B2B Sektor bringen neben allen rationalen Argumenten (Produkt, Preis-Leistung, Qualität, Risikominimierung) auch eine emotionale Komponente mit ins Spiel – Nähe, Unkompliziertheit, Modernität oder Vertrauen können dabei häufig das Tüpfelchen auf dem i sein um besser wahrgenommen zu werden als die Wettbewerber.
Schon in früheren Studien konnten wir belegen, dass emotional gebundene Kunden einen deutlichen Mehrwert im Vergleich zum durchschnittlichen Kunden erbringen. Die Kundenzufriedenheit steigt im Schnitt um fast 25% und auch der NPS nimmt deutlich an Fahrt auf. Letzten Endes – und das ist sicherlich der härteste KPI – freuen sich alle, wenn die Unternehmenszahlen steigen.
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