Kurz vor Weihnachten ließ Porsche in Deutschland wissen, dass E-Mails an seine Mitarbeiter in den Abendstunden und an Wochenenden automatisch gelöscht werden. Jede Korrespondenz zwischen 19:00 Uhr abends und 06:00 Uhr morgens würde abgelehnt und dem Absender zurückgesendet. Diese Mitteilungen außerhalb der Geschäftszeiten könnten, von wem auch immer sie kämen, nicht angenommen werden.
Hier präsentieren wir einmal Helmut. Helmut ist 50 Jahre alt und wurde kürzlich von einer Werbeagentur in Stuttgart freigestellt, bei der er die letzten 20 Jahre als Senior Account Director tätig war. Er hat Kinder im Teenager-Alter und muss auch weiter arbeiten, um sie bei ihrer Ausbildung zu unterstützen. Vor drei Monaten gründete er seine eigene Einmann- Werbeagentur. Könnte man sich wirklich vorstellen, dass er seinen E-Mail-Eingang sperrt oder Korrespondenz ablehnt, die ihn außerhalb bestimmter Zeiten erreicht?
Wir untersuchen Customer Experience im B2B Bereich seit vielen Jahren und haben dabei generell festgestellt, dass ein negatives Verhältnis zwischen dem Kundenerlebnis und der Unternehmensgröße besteht. Kleine Unternehmen sind sich der Bedeutung ihrer Kundenpflege sehr bewusst und stehen, wenn nötig, auch über das Wochenende zur Verfügung. Der Kunde finanziert schließlich ihr Leben. Sie wissen welch einen Wert ein zufriedener Kunde darstellt. Große Unternehmen schaffen das irgendwie nicht, obwohl sie sich in vielen Fällen das Thema Customer Experience direkt auf die Fahne schreiben. Da besteht offensichtlich eine riesige Diskrepanz zwischen dem Anspruch die Customer Experience zu verbessern und einer wirklich echt gelebten Verpflichtung zu dieser Aussage.
Wir wollen damit nicht sagen, dass man jedem noch so geringen Unmut entsprechen muss und jedem Wunsch sofort zu jeder Tag- und Nachtzeit Folge zu leistet hat. Das wäre nun echt zu viel verlangt. Wenn aber etwas wirklich von großer Wichtigkeit für den Kunden ist oder ein Lieferant einen Ausfall hatte, sollte es einen Automatismus geben, der dessen Problem in angemessener Zeit behebt. Es sollte doch für Porsche kein großes Problem sein eine Hotline anzubieten, über die man in dringenden Fällen immer einen Ansprechpartner hat. Eine höfliche Erklärung, dass man erst zu bestimmten Zeiten in der Sache tätig werden kann (mit Ausnahme von wirklich unaufschiebbaren Fällen, bei denen wir doch hoffen, dass Porsche direkt aktiv wird) wäre wohl der richtige Weg. Das wäre sicherlich sehr viel besser als eine automatische Löschung von E-Mails. So etwas schmeckt nach purer Arroganz.