Voreingenommen? Ich doch nicht!

Voreingenommen? Ich doch nicht!

Vor drei Jahren hat Guy Mayraz, Ökonom an der Universität von Melbourne, ein interessantes Experiment durchgeführt. Studenten wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe sollte sich in die Rolle von Bäckern versetzen, die andere in die von Landwirten. Beiden Gruppen wurde eine historische Zeitreihe von Weizenpreisen an Hand gegeben die 90 Tage umfasste. Dann wurde jede Gruppe aufgefordert, den Weizenpreis am 100. Tag vorauszusagen.

Zwei Drittel der „Bäcker“ sagten einen unter dem historischen Durchschnitt liegenden Preis voraus. Die Prognose von zwei Drittel der „Landwirte“ lag über dem Durchschnitt.

Mayraz‘ Schlussfolgerungen: die Vorhersage der Bäcker basiert auf der Hoffnung, die Preise mögen sinken, als Folge davon auch die Einkaufspreise für ihr Rohmaterial und das wiederum bedeutet einen höheren Gewinn für den Bäcker. Die Vorhersage der Landwirte basiert auf dem Wunsch nach höheren Weizenpreisen. Beide Gruppen wurden von Ihrem Wunschdenken geleitet – wir nennen das „Bestätigungsfehler“ (Confirmation Bias).

Das gleiche passiert, wenn man Personen nach ihrer Meinung über die Folgen des Brexit befragt. Diejenigen, die „out“ gewählt haben sagen: „Keine Angst, das ist nur eine Frage der Zeit bis wir die momentanen Anpassungsschwierigkeiten überwunden haben.“ Die „Rebobteachesart.com“-Wähler sagen: „ War doch klar, dass dieser Wahlausgang in einem Desaster mündet, seht nur wie es Tag für Tag abwärts geht.“ Ihre jeweiligen Vorurteile beeinflussen ihre Meinung.

Wir Marktforscher müssen ständig mit diesem Phänomen umgehen. Kognitive Verzerrungen sind grundsätzlich kein Problem, aber man muss sie bei der Dateninterpretation berücksichtigen. Wenn wir einen Teilnehmer mit der Berufsbezeichnung „Einkäufer“ im Interview haben, dann wissen wir, dass dieser Teilnehmer uns sehr wahrscheinlich sagen wird, dass der Preis das wichtigste Kriterium bei der Einkaufsentscheidung ist. Wir müssen die Fragen und das Gespräch so gestalten, dass wir darüber hinaus auch noch zu den „eigentlichen“ Gründen vorstoßen.

Oder in der internationalen Marktforschung: schon lange schauen wir uns die Kundenzufriedenheit in unterschiedlichen Ländern an und versuchen zu verstehen, warum in Ländern mit eine warmen Klima die Scores höher ausfallen als in kühleren Gegenden. Wir wissen, dass ein besseres Verständnis wichtig wäre und wir arbeiten daran. Wir sind vielleicht voreingenommen, aber wir glauben, wir sind der Lösung schon ziemlich nahe.

Sortieren nach: [searchandfilter id="18778"]