Die Durchführung von Verkaufsgesprächen ist ein Drahtseilakt. Das Ziel eines Verkaufsgespräches ist es zum einen, den Kunden für das eigene Angebot zu gewinnen, und zum anderen eine persönliche Beziehung zu ihm aufzubauen. Diese beiden Elemente sind häufig wie Feuer und Wasser, aber sie bedingen sich gegenseitig – es geht das eine nicht ohne das andere, will man nicht versagen.
Zunächst könnte man erwarten, dass Geschäftsentscheidungen alle das Ergebnis von Logik und Appellen an die Vernunft sind. Dies ist meiner Meinung nach jedoch weniger der Fall als die meisten Firmen sich eingestehen wollen. Hinter jeder Entscheidung steht eine Person oder ein Team, die einfach nicht zu reiner, uneigennütziger Logik fähig sind. Ein schöner Anzug und ein paar neue Schuhe mögen uns vielleicht klüger, geistig schärfer und anspruchsvoller mit unserem Geschäftssinn erscheinen lassen, aber in vielerlei Hinsicht sind wir immer noch wenig mehr als Affen im Anzug. Diese ernüchternde Realität ist eine entscheidende Erkenntnis für jeden im Vertriebler (oder überhaupt in zwischenmenschlichen Beziehungen). In Wahrheit sind wir ein Strom von Emotionen und Instinkten, angetrieben von biologischen Prozessen, über die wir verschwindend wenig Kontrolle haben und die unser Vorhirn im Zaum zu halten versucht!
Jonathan Heidt, der renommierter Psychologe und Professor für ethisches Verhalten an der Stern School of Business in New York, beschrieb dies auf wunderbare Weise in seinen Büchern „The Happiness Hypothesis“ (2006) und „The Righteous Mind“ (2012). Er verwendet die Metapher des Reiters und des Elefanten. Kurz gesagt, der Reiter sitzt auf dem Elefanten und es scheint, dass er die Kontrolle hat – er hält immerhin die Zügel. Der Reiter schaut weit in die Ferne und plant den Weg für beide, sich und das Tier. Er sieht so mögliche Hindernisse und kann rationale Handlungsweisen vorausplanen.
Der Reiter ist jedoch der Kraft des Elefanten ausgeliefert – unser Reiter kann seine Anordnung nicht ohne die Zustimmung des Elefanten durchsetzen. Der Elefant symbolisiert unsere impulsive, emotionale und irrationale Seite, ein Relikt aus der Evolution. Die tieferen Regionen des Gehirns steuern nicht nur Emotionen, sondern auch Atmung und andere vegetative Prozesse, die wir es uns nicht leisten können zu verlieren!
Heidt verwendet diese Metapher, um die Asymmetrie der Kraft in unserem Gehirn aufzuzeigen. Unser Reiter kann nur den Weg weisen, wenn der Elefant will. Anders ausgedrückt: Logik ist ein Luxus, den wir uns nur erlauben können, wenn unsere Emotionen es zulassen. In der Geschäftswelt spielt dies tatsächlich eine wichtige Rolle. Nur dem Reiter des Kunden zu gefallen, solange sein Elefant kein Vertrauen hat, wird nicht viel bringen.
Da es mir in meiner Rolle im Vertrieb nicht möglich ist, den Menschen die ich anrufe direkt gegenüber zu sitzen, beginnt jeder Kontakt für mich mit einem gewissen Handicap. Der größte Teil zwischenmenschlicher Kommunikation findet nonverbal statt und durch die unterbewusste Suche nach Hinweisen wird die Vertrauenswürdigkeit des Gesprächspartners bestimmt ab. Selbst wenn wir uns mit geliebten Menschen über eine kurze Textnachricht austauschen kann diese auch schnell einmal als aggressiv missverstanden werden. Wie können wir also trotz all dieser Nachteile eine menschliche Kommunikationsebene mit potenziellen Kunden finden? Die beste Wahl ist das menschlichste Instrument in unserem Arsenal – unsere Stimme.
Ich persönlich bin ausgebildeter Opernsänger, und meine Stimmausbildung hat mir viele Dinge beigebracht. Eine der überraschendsten war, dass man erkennen kann, wenn jemand durch den Klang seiner Stimme lächelt. Oft fordert der Stimmtutor seine Studenten auf, ihren Gesang auch physisch durch Mimik auszudrücken. Die Akustik der eigenen Mundhöhle und die Wirkung die durch die verschiedenen Gesichtsausdrücke hier direkt erzielt wird, würde jetzt im Detail an dieser Stelle sicher zu weit führen. Dennoch, eine wesentliche Erfahrung, die ich aus diesem Training mitgenommen habe, ist die: bei einem Telefongespräch zu lächeln, genauso wie man es tun würde, wenn man der Person mit der man spricht direkt gegenüber sitzt. Es muss aber ein „echtes“ Lächeln sein, kein „aufgesetztes“ – dies hätte den gegenteiligen Effekt. Ein Telefonat sollte immer so geführt werden als ob es darum geht, einen neuen Freund zu finden. Ich fand es immer wieder überraschend wie erleichtert meine Gesprächspartner waren, wenn sie das Gefühl hatten mit jemanden zu reden der aufmerksam zuhört und bereit ist sein Bestes zu tun, um ihn und sein Unternehmen bei welchen Anforderungen auch immer tatkräftig zu unterstützen.
Übertragen bedeutet das also, dass der Reiter an den Worten interessiert ist, der Elefant hört nur darauf wie man es sagt. Will man also ein geschäftliches Gespräch mit dem Reiter führen sollte man ganz besondere Aufmerksamkeit darauf verwenden, wie wohl der Elefant dieses beurteilen wird. Ein Elefant, der nichts sieht, ist äußerst argwöhnisch, deshalb bedarf es der Stimme um ihn für sich zu gewinnen. Die Tonlage der Stimme, die Auswahl der Worte, sowie das Gefühl von Interesse an dem Erfolg des Gesprächspartners sind das Geheimnis der guten Kommunikation am Telefon.